„Ihr müsst wachsam bleiben! Wie oft ist es schon passiert, dass eine Arbeiter_innenbewegung, die eine Befreiungsbewegung unterstützt hat, nach der nationalen Befreiung selbst hintergangen und betrogen wurde? Dafür gibt es zahlreiche Beispiele in Afrika. Wenn der ANC eure Erwartungen nicht erfüllt, dann müsst ihr mit ihm machen, was ihr mit dem Apartheid Regime gemacht hat – stürzen.“
Nelson Rolihlahla Mandela auf einem Gewerkschaftskongress, 1993
Das Ende der Post-Apartheid-Ära
Am 16. August 2012 wurden in Marikana, einer Platin-Mine unweit der südafrikanischen Metropole Johannesburg, 34 Minenarbeiter, die im Streik für die Anhebung von Mindestlöhnen waren, von der Polizei ermordet. Es ist das größte staatliche Massaker an Bewohner_innen Südafrikas seit dem formellen Ende der Apartheid. Die mit dieser Wende von 1994 verbundenen Hoffnungen wurden durch das Massaker endgültig enttäuscht; es markiert das Ende der revolutionären Post-Apartheid-Ära der „Regenbogennation“ Südafrika, die vorgab für Chancengleichheit und Verteilungsgerechtigkeit zu stehen.
Das Massaker ereignet sich im Jahr des 100jährigen Bestehens des African National Congress (ANC), der Partei, die zum Inbegriff des Kampfes gegen die weiße Vorherrschaft und der damit verwobenen kapitalistischen Ausbeutung wurde. Diese so erlangte Autorität, ist durch das Massaker von Marikana schwer beeinträchtigt. Der ANC kann nun nicht mehr den Alleinvertretungsanspruch auf „Mandelas Erbe“ erheben. Zu viele sehen sich um grundlegende Ziele und Ideale betrogen und verraten. Die Buh-Rufe für Jacob Zuma anlässlich der Gedenkfeier für Nelson Rolihlahla Mandela sind dafür nur ein hörbares Zeichen. Ein anderes ist die wuchtige Streikwelle, die seit Marikana in vielen Industriezweigen und Sektoren durch das Land rollt und mittlerweile mehrere Millionen Arbeiter_innen und Protestierende umfasst, die sich am Mut des wilden Streiks bei Marikana ein Vorbild nehmen. Das Massaker konnte damals den Streik nicht brechen, im Gegenteil: Die Arbeiter_innen streikten umso entschlossener weiter und erkämpften sich eine Lohnerhöhung – ein Etappensieg. Die Autoren des Buches kommen zu dem Schluß: „Dieser Streik war eine der bemerkenswertesten und mutigsten Taten innerhalb der bisherigen globalen Arbeiter_innengeschichte.“
Ein gutes Jahr nach dem Massaker steht „Marikana“ für zweierlei: Es ist Vergrößerungsglas auf die miserable soziale und ökonomische Situation der Mehrheit der Gesellschaft sowie Bezugs- und Ausgangspunkt landesweiter Streiks und Proteste gegen ökonomische und politische Weichenstellungen der Post-Apartheidpolitik. Das Buch schildert und analysiert diesen Wendepunkt in der Geschichte Südafrikas aus der Sicht der Minenarbeiter_innen.
Zur Buchpräsentation
Im Rahmen der Buchpräsentation sollen Hintergründe, die zu dem Massaker geführt haben, sowie die Ereignisse in dessen Nachfeld erläutert und diskutiert werden. Weiterer Schwerpunkt liegt auf den Aktionen der „Marikana Support Campaign“, die sich für die Familien der getöteten Arbeiter einsetzt. Vertreter_innen dieser Gruppe werden in Form von Video-Interviewauszügen selbst zu Wort kommen. Werner Gilits, der Übersetzer des Buches, und Jakob Krameritsch, der Herausgeber, sind im Schwarzen Radieschen zu Gast.
http://marikanabuch.wordpress.com
Alexander/Lekgowa/Mmope/Sinwell/Xezwi: Das Massaker von Marikana.
Widerstand und Unterdrückung von Arbeiter_innen in Südafrika.
Herausgegeben von Jakob Krameritsch, übersetzt von Werner Gilits
(Mandelbaum kritik & utopie, Wien 2013)